Nostalgie: Großglockner Südgrat am 9.09.1967

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htarno
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Nostalgie: Großglockner Südgrat am 9.09.1967

Beitrag von htarno » 15. Aug 2012, 15:11

Unsere Homepage vegetiert sozusagen dahin. Die wenigen Beiträge stammen nur von einem Häufliein Kameraden, für deren Aufzählung die Finger einer Hand mehr als ausreichend sind.

Eine - wie ich meine sehr bemerkenswerte - Idee zur Belebung unserer Homepage stammt von unserem Freund Harald Braun:

die Veröffentlichung „historischer“ Touren.

Die Möglichkeit, solche Beiträge zu verfassen und zu lesen, soll nicht nur die Alten unter uns hinter dem Ofen hervorlocken, sondern auch unsere jüngeren Mitglieder interessieren und damit vielleicht eine Brücke zwischen den Generationen schlagen.

Ich würde mich freuen, möglichst viele Schilderungen über Eure - aus welchen Gründen auch immer – interessantesten, spannendsten und lustigsten Erlebnisse in den Bergen genießen zu dürfen. Registrierung und Eingabe funktioniert auf unserer Homepage ziemlich einfach. Sie erfordert zu Beginn nur ein wenig Geduld. Sollten Schwierigkeiten auftreten, bin ich auch gerne bei deren Bewältigung behilflich.

Einer muß ja auch bei diesem Projekt den Anfang machen und so möchte ich mit einer Tour auf den höchsten Gipfel unserer Heimat, den Großglockner, beginnen: dem Großglockner S-Grat, den ich mit Hans Nosko, den so manche von Euch sicher noch in Erinnerung behalten haben, am 9. September 1967 beging.

Freund Ernst und ich kamen am 7. September 1967 spätnachmittags mit dem Vorhaben, den Glockner zu besteigen, auf die Hofmannhütte. An unserem Tisch saßen noch ein paar andere Gipfelaspiranten. Zwei von ihnen waren alleine unterwegs und sozusagen auf Partnersuche. Das alte Sprichwort „beim Reden kommen die Leut‘ zsamm‘“ stellte sich als zutreffend heraus und bald war der Beschluß gefaßt, daß Ernst mit einem jungen Bergsteiger aus Deutschland den Normalweg und ich mit Hans den S-Grat machen würde.

Tags darauf stiegen wir zunächst zur Adlersruhe auf, wobei wir, anstatt über den monotonen Gletscher zu hatschen, den Meletzkigrat gingen.
02 Rast am Frühstücksplatz.jpg
Rast am Frühstücksplatz vor dem Meletzkigrat
Da unsere Ausrüstung neben einem Seil und einem Stubai Eisbeil mit Hammerkopf nur aus 2 bis 3 Haken, ebenso vielen Karabinern und ein paar Reepschnüren bestand, borgten wir uns vom Hüttenwirt einen Hammer aus seiner Werkzeugkiste aus, um damit geschlagene Haken wieder herausklopfen zu können. Diese Maßnahme stellte sich dann als nicht ungünstig heraus.

Nächsten Morgen stiegen wir rasch zum Einstieg des S-Grat ab. Wir gingen nicht das fächerförmige Schneefeld des Pillwaxweges hinauf, sondern stiegen links davon möglichst tief am Fuß des Grates ein. Das ging recht gut und nach einer etwas heiklen Randkluft befanden wir uns bald im angenehmen Vierergelände.
04a Harald.jpg
Oberhalb der Randkluft
05 Hans Nosko.jpg
Hans in den herrlichen geneigten Platten im unteren Teil des Grates
09 Hans.jpg
Im festen Urgestein
Die Beschreibung im Glocknerführer von Vera Lienbacher, der damals aktuell war, enthielt bedauerlicherweise keinerlei brauchbaren Hinweise auf den Routenverlauf. Auch kein einziger Haken im Verlauf der Kletterei wies darauf hin, daß wir uns auf dem Pfad der Tugend befanden.
11 Hans.jpg
Ein paar Eiszapfen gehören auch dazu
17 Harald.jpg
Hier befinden wir uns schon im oberen Drittel
21 Harald.jpg
Knapp unterhalb des Stüdlgrates
Nichtsdestotrotz kamen wir, stets dem Weg des geringsten Widerstandes folgend, zügig höher und ehe wir`s uns versahen standen wir genau unterhalb seiner Schlüsselstelle, der „Platte“, auf dem Stüdlgrat und ersparten uns damit eine Wegsuche im oberen Wandteil.

Laut Madame Lienbacher hätten wir eigentlich am Kleinglockner aussteigen sollen (eine Querung zum Stüdlgrat wurde als unmöglich bezeichnet) und dort garnicht hinkommen dürfen , aber diese Expertise basierte wohl eher auf Vermutungen als auf Ortskenntnis. Uns war das alles ziemlich wurscht und wir stiegen noch die paar Meter hinauf zum Glocknerkreuz.

Die von uns gewählte Linie entsprach in etwa dieser und wich damit namentlich im oberen Drittel relativ stark vom Originalweg ab. Die Schwierigkeiten überstiegen nirgends den IV. Grad.
03b Großglockner S-Grat.jpg
Unsere Variante
Zurück auf der Hütte trafen wir wieder unsere Freunde, die einen schönen Gipfeltag erlebt und schon lange glücklich über ihren Erfolg die Nachmittagssonne genossen hatten.

Der Hüttenwirt sprach abends noch von einer 5. Begehung, die wir gemacht hätten. Woher er diese Information hatte, weiß ich bis heute nicht. Wir haben auch nie Nachforschungen angestellt. Für uns ist es einfach eine herrliche Kletterei über einen bis heute recht selten begangenen Grat auf teilweise neuer Route gewesen, die mir bis heute in frischer Erinnerung geblieben ist.

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