Gofer-Runde, Reichenstein NW-Wand

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Robert
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Gofer-Runde, Reichenstein NW-Wand

Beitrag von Robert » 16. Aug 2013, 06:07

Ende Juli 2013 haben wir uns wieder einmal die Nordseite des Admonter Reichensteins vorgenommen, und zwar zweimal innerhalb einer Woche. Die erste Unternehmung gemeinsam mit Monika war eine Bergwanderung fuer gehobene Ansprüche, die ich allen empfehlen kann, die allein im Gebirge unterwegs sein moechten, abseits der Touristenstroeme. Die Tour ist auch fuer sehr heiße Tage geeignet, wenn man zeitig aufbricht. Wir haben unser Auto beim Eingang in den Gofer-Graben geparkt und sind um 7 Uhr losgewandert, es war einer der extrem heißen Tage des heurigen Sommers, die Quelle bei der Gofer-Hütte war bereits versiegt. Ursprünglich wollten wir den Speikbodenweg auf den Kaibling gehen, aber der ist bei solcher Hitze nicht empfehlenswert. Daher stiegen wir zum Langgriessattel (1650m Seehöhe) auf und machten in der schattigen Biwak-Nische Rast. Ich habe diesen Anstieg schon bei früherer Gelegenheit im Forum beschrieben, man braucht vom Parkplatz ungefähr zweieinhalb Stunden und ist fast immer im Schatten. Als Abstieg haben wir die Überschreitung des Langgries-Riedels gewählt. Dieser Weg ist schwach rot markiert und zweigt unmittelbar nach der Biwak-Nische waagrecht links (d.h. nördlich) in die Latschen ab. Dann kommt gleich die "Schlüsselstelle", eine ziemlich schottrige Querung nach Osten, dann ums Eck wieder in die Latschen und von hier einfach dem Latschenkamm leicht abwärts folgend. Der Latschensteig ist gut ausgetreten und leicht zu begehen, ab hier ist die Orientierung nicht schwierig. Bei etwa 1250Hm trifft man auf eine schüttere Waldschneise mit einem Jagdsteig, der in den Gofergraben führt und von dort sind es nur Wenige Minuten zur Gofer-Hütte. Eine andere Alternative wäre ein Abstieg von hier nach Osten in das vorderste Johnsbachtal, aber dann folgt ein "Straßenlatscher" zum Auto.
(Keinesfalls darf man vom Langgriessattel direkt in den Langgriesgraben absteigen.) Unsere Tour dauerte einen halben Tag, um 14 Uhr waren wir schon beim Bachwirt und auf dem Rückweg nach Graz im Leopoldsteinersee schwimmen.

Eine Woche später haben sich Hannes und ich das Reichenstein Nordwestwandband vorgenommen. Diesmal sind wir in Graz sehr früh aufgebrochen, sodass wir schon um 6 Uhr beim Parkplatz und um halbneun beim Einstieg auf dem Langgries-Sattel waren. Der Einstieg ist leicht zu finden, in der Platte rechts gibt es einen markanten Bohrhaken. In der Willi End Bibel ist ein sehr gutes (altes) Topo enthalten. Einer Eintragung im Tourenbuch des Gebirgsvereins folgend haben im Jahr 2004 Harry Grün, Fritz Kaplan und Peter Mayer 6 Abseilkaken und einige Zwischenhaken in die ersten Plattenseillängen eingebohrt (im Topo noch nicht eingetragen). Daher kann man in diesem Bereich fast plaisirmäßig klettern, Schwierigkeit 3plus. Nach 6 Seillängen wird es schuttrig, brüchig und alpin. Der Weg ist dem Band folgend leicht zu finden, bei der Einmündung des NW Wand Kamins muss man sich rechts halten, es folgt eine schottrige Querung. Danach folgt ein kleiner kaminartiger Aufschwung, hier habe ich einen Standhaken geschlagen. Sonst erweisen sich Köpflstände und kleine und mittlere Friends als brauchbar. Ab jetzt waren wir eher gemütlich unterwegs und erreichten um die Mittagszeit die waagrechte Abzweigung nach links Richtung NW Wand Kamin (man kann von diesem Platz schon das Westgrattürmchen sehen). Hier machten wir Rast und beobachteten den unangenehm aussehenden schottrigen breiten Quergang in Richtung eines etwa 250m entfernten begrünten Rasensattels. Dieser ist aber viel angenehmer zu begehen als er aussieht, sehr brüchig aber leicht. Sogar Sicherungsmöglichkeiten gibt es. Nach ungefähr 150m waagrecht steigt man einige Meter aufwärts über einen schrofigen Riegel und wieder abwärts zu einer großen Sanduhr. Diese bietet sehr guten Stand vor der Schlüsselseillänge (Überquerung des NW Wand Kamins). Dazu bin ich nach dem Stand leicht angestiegen, habe zur Sicherung in der Nische im Kamin einen Haken mit Schlinge geschlagen und bin so sehr bequem zum schmalen Band auf der anderen Seite des Kamins abgeklettert. Dort ist die Schlüsselstelle: Spreizschritt, 3plus, ein Haken wie bei Willi End angegeben. Danach schöner Stand bei Schuppe. Bis hierher ist die Tour im Schatten, also für heiße Tage sehr gut geeignet. Kurz danach betritt man den begrünten Sattel, den man schon während des gesamten Quergangs sieht, kleiner Steinmann. Ab hier ist seilfreies Gehen bis zum Reichenstein Sattel gut möglich. Nach ausgiebiger Rast mit prächtigem Ausblick stiegen wir weiter seilfrei über den obersten Westgrat auf den Reichenstein Gipfel und dann gemütlich über den Normalweg zur Mödlinger Hütte ab. Da wir recht spät dran waren, hatten wir beim Abstieg auf der SO Seite ebenfalls weitgehend Schatten.

Nach angenehmer Nachtruhe in der Mödlinger Hütte gingen wir am nächsten Tag die Flitzenschlucht querend und über den Lahngangkogel den normalen Weg in die Kaiserau zu unserem zweiten dort geparkten Auto. Wenn man am zweiten Tag mehr Zeit zur Verfügung hat, kann man natuerlich statt über den Lahngangkogel direkt zur Klinke-Hütte gehen, dann den Normalweg Richtung Kaibling und über den Speikbodenweg zurück in den Gofergraben. Dann genügt die Anreise mit nur einem Auto. Eine andere (anstrengendere) Alternative ist noch am ersten Tag zur Klinke Hütte zu gehen und dort zu übernachten, am zweiten Tag eine Klettertour am Kaibling zu gehen und dann über den Speikboden in den Gofergraben abzusteigen. Aus Zeitgründen haben wir uns für die geschilderte bequeme Variante entschieden und die Klettertour am Kaibling (Herbst-Scholz) zwei Wochen später unternommen.

Alles in allem bietet der Gofer-Graben einige sehr schöne Möglichkeiten für einsame Unternehmungen an heißen Tagen. Schon früher habe ich in diesem Forum den Zsigmondy Weg beschrieben, der ist aber am Vormittag sehr sonnig und daher für heiße Tage nicht geeignet. Schließlich sei noch erwähnt, dass das NW Wand Band auch im Abstieg begehbar ist, oben sicherlich etwas mühsam, unten mit den "neuen" Abseilhaken komfortabel, allerdings war ein Haken schon durch Steinschlag beschädigt. Am Nachmittag hat man aber auch hier im Abstieg Sonne. Noch eine Bemerkung zum seilfreien Gehen: ich bin durchaus öfters in diesem Schwierigkeitsgrat seilfrei unterwegs (z.B. Jahn-Zimmer am Hochtor), aber die Schlüsselseillänge dieser Tour würde ich nur ungern ungesichert machen.

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